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Date: 2003-05-12

EU nach 11.9. Transparenz problematisch

Transparenz ist in der EU noch immer problematisch (Telepolis/Jelle van Buuren 05.05.2003) Besonders Dokumente, die sich auf Strafverfolgung und Antiterror-Maßnahmen beziehen, werden sicherheitshalber weiter unter Verschluss gehalten http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/14714/1.html Die Transparenz hat in der EU nach Einführung der Verordnung zur Informationsfreiheit zugenommen, insofern es einfacher geworden ist, bestimmte Dokumente zu suchen und zu verlangen. Doch der Zugang zu den gewünschten Dokumenten hat sich nicht im gleichen Maß verbessert.
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Diese Schlussfolgerung wurde von der Internationalen Vereinigung der Journalisten ( IFJ) gezogen, die dänische und schwedische Wissenschaftler gebeten hatten, sich die Folgen der neuen europäischen Gesetzgebung für Informationsfreiheit anzuschauen, die 2001 in Kraft getreten ist. Um die Umsetzung der neuen Gesetze für den Bericht zu überprüfen, wurde der Zugriff auf drei unterschiedliche Arten von Dokumenten in drei verschiedenen politischen Bereichen verlangt. Dokumente, die die Position eines Mitgliedsstaates angeben, wurden nicht veröffentlicht, da man davon ausging, dass dies die Entscheidungsprozesse im Europäischen Rat schwieriger machen würde. Es wurde auch kein Dokument über Antiterror-Maßnahmen veröffentlicht, da dies die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Nach dem Bericht scheinen "die abträglichen Folgen bei der Veröffentlichung eines Dokuments genauso schwer oder schwerer zu wiegen als der eigentliche Inhalt des Dokuments".





Ein beeindruckendes Beispiel, wie der Zugang auf alle Dokumente, die sich auf Antiterror-Maßnahmen beziehen, verweigert wird, kann man in einer Anfrage sehen, die ich kürzlich machte, um die Bewertung der nationalen Antiterror-Maßnahmen zu erhalten. Im September 2002 verschickte der Rat einen Fragebogen zur Feststellung der nationalen Maßnahmen gegen den Terrorismus an die Mitgliedsstaaten. Der Schwerpunkt lag in allen Arten von rechtlichen Fragen, beispielsweise: Wie ist gegenwärtig die rechtliche Grundlage für Antiterror-Aktionen in Ihrem Land und wie werden Terrorismus oder terroristische Akte definiert? Enthält Ihre Rechtssprechung besondere Vorkehrungen ("universale Rechtssprechung"), um terroristische Akte strafrechtlich zu verfolgen, die bei Staatsangehörigen und/oder Ausländern gegen nationale Interessen begangen werden? Hat Ihr Land neue gesetzliche Vorkehrungen getroffen, um den Kampf gegen den Terrorismus auf nationalen und internationalen Ebenen besonders in den folgenden Gebieten zu verbessern: Abhören der Kommunikation, Cyberkriminalität, rechtliche Verpflichtungen für Internetprovider/Telekomfirmen, Liste terroristischer Organisationen, Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus, Terrorismus mit Massenvernichtungswaffen, Informations- und Datenaustausch zwischen den EU-Mitgliedsländern und mit dritten Staaten?

Andere Fragen kreisten hauptsächlich um Organisationsthemen wie: Welche Ministerien sind am Kampf gegen den Terrorismus beteiligt, welches Ministerium steht an der Spitze und welche Kompetenzen haben sie jeweils? Wie wurde die Koordinationsstelle auf der zwischenministeriellen Ebene eingerichtet? Wenn dies der Fall ist, was ist ihre Aufgabe und wie wird die Mitgliedschaft geregelt? Hat sie einen permanenten Charakter? Wie werden verdächtige Terroristen verfolgt? Gibt es im Vergleich mit Straftätern besondere kriminalistische Verfahren oder wichtige Vorkehrungen, beispielsweise im Bereich der Haft, der Strafen und der Verantwortung von Rechtspersonen? Gibt es spezialisierte Einheiten oder Beamte zur Strafverfolgung und welche Kompetenzen besitzen diese?


Schutz des öffentlichen Interesses


Ich bat um die Freigabe von zwei Dokumenten, in denen die Ergebnisse der Befragung zusammengefasst waren. Doch die Freigabe wurde auf der Basis des Artikels 4(1) des Informationsfreiheitsgesetzes ganz verwehrt: Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf öffentliche Sicherheit.



"Wenn vertrauliche Informationen dieser Art veröffentlicht werden, können die entsprechenden Behörden dies als Bruch ihres Vertrauens betrachten und in Zukunft weniger dazu geneigt sein, solche Informationen zur Verfügung zu stellen, was wiederum im Gegensatz zum öffentlichen Interesse an einer wirksamen Bekämpfung des Terrorismus steht", erklärte das Generalsekretariat des Rats der Europäischen Union.




Ich legte gegenüber dieser Entscheidung Widerspruch ein, weil sich fast alle Punkte in diesem Fragebogen auf rechtliche Maßnahmen und auf die rechtliche Kompetenz und Macht der am Kampf gegen den Terrorismus beteiligten Behörden bezogen. Kurz gesagt: Das sind von ihrem Wesen her öffentliche Angelegenheiten. Daher sollten sie in jeder demokratischen Gesellschaft zugänglich sein.

Als Folge des Einspruchs erhielt einen teilweisen Einblick in eines der Dokumente. Der größte Teil des Dokuments blieb jedoch geheim, z.B. der gesamte Teil über das Abhören der Telekommunikation und des Internet: "Diese Teile des Dokuments enthalten eine Beschreibung der in Vorbereitung befindlichen Maßnahmen in Bezug auf diese vertraulichen Themen oder deren Fehlen", so der Antwortbrief.



"Der Rat gibt zu bedenken, dass die Freigabe von detaillierten Informationen über den rechtlichen Rahmen für bestimmte Methoden des Kampfs gegen den Terrorismus und seine offenen Stellen von terroristischen Organisationen verwendet werden könnten, um ihre Operationen von Mitgliedsstaaten aus zu führen, in denen diese Methoden am wenigsten weit entwickelt sind."




Mit derselben Argumentation wurde der Zugang zu den Antworten auf die Fragen über die interne Organisation der Antiterror-Behörden verweigert: "Dieses Kapitel gibt Einzelheiten bekannt, die im Vergleich auch die Effizienz dieser Dienste bekannt geben. Auch diese Informationen könnten von Terrororganisationen benutzt werden, um ihre Operationen von den Mitgliedsländern aus zu betreiben, in denen sie dem geringsten Risiko der Verfolgung ausgesetzt sind." Genauso wird der Zugang zu Informationen über die zusätzliche Finanzierung und die Art der internen Organisation sowie über die Verhandlungen über die Verbesserung der internationalen Kooperation verwehrt.

Das andere Dokument wird völlig geheim gehalten: "In diesem Dokument macht die Präsidentschaft eine vorläufige Bewertung der Bereiche von großer Bedeutung im Lichte der von den Mitgliedsstaaten vorgelegten Analysen. Eine Veröffentlichung dieses Dokuments könnte vom Beginn an alle Arbeiten für einen koordinierten Plan auf europäischer Ebene zur Bekämpfung des Terrorismus ernsthaft behindern und beeinflussen."


Auch was ein Teil der Mitgliedsstaaten geheim halten will, ist nicht besonders aufregend


Es ist interessant zu bemerken, dass die teilweise Veröffentlichung von einem der verlangten Dokumente von einer knappen Mehrheit aus 9 der 15 Mitgliedsstaaten unterstützt wurde. Sechs Staaten sprachen sich gegen eine teilweise Veröffentlichung aus: Belgien, Griechenland, Portugal, Schweden, Finnland und Dänemark. Erstaunlich ist, dass gerade die skandinavischen Länder, die als Förderer einer größeren Offenheit in der Union bekannt sind, dagegen gestimmt haben. Sind vielleicht manche Informationen in dem Dokument, deren Veröffentlichung diese Regierungen verhindern wollen? Belgien scheint in dieser Sache der Hardliner zu sein. Die belgische Delegation bat darum, eine Erklärung zu veröffentlichen: "Die belgische Delegation ist für die vollständige Zurückhaltung der Dokumente. Belgien ist der Ansicht, dass alle Dokumente, die im Rahmen der Evaluation der nationalen Aniterror-Maßnahmen angefertigt wurden, der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein dürfen."

Die Teile des Dokuments, die veröffentlicht wurden, sind nicht sehr heikel. Das Dokument sagt beispielsweise, dass Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien eine besondere und umfassende rechtliche Grundlage zur Verhinderung und Verfolgung terroristischer Gruppen als krimineller Vereinigungen geschaffen haben. Es wird auch deutliche, dass die meisten Staaten keine klare Definition des "Terrorismus" in ihrer Gesetzgebung haben. Überdies finden alle Mitgliedsstaaten internationale Abkommen über den Terrorismus sehr wichtig und bereiten in Übereinstimmung mit der Europäischen Rahmenentscheidung über den Terrorismus vom 13. Juni 2002 neue Gesetze vor. Alle Staaten haben angemessene gesetzliche Regelungen, um die Finanzierung des Terrorismus zu bekämpfen. Mit der Ausnahme von Belgien, Luxemburg und Irland gibt es in allen Mitgliedsstaaten auch Gesetze gegen den Terrorismus mit Massenvernichtugswaffen.

Die Untersuchung "enthüllt" überdies, dass selbst die Staaten, die nationale antiterroristische Gesetze besitzen, keine besonderen Maßnahmen in Bezug auf mutmaßliche Terroristen anwenden. Sie werden, abgesehen von Frankreich, indem Sonderregelungen für mutmaßliche Terroristen übernommen und angewendet werden, unter der "normalen" Gesetzgebung für Straftaten verfolgt. Auch Deutschland und Italien haben "bis zu einem gewissen Maß spezifische Regelungen für die Untersuchung und Strafverfolgung von terroristischen Akten".

Die Evaluation kommt zu dem Schluss, dass die Überführung der verabschiedeten Rahmenentscheidungen über den Terrorismus und den Europäischen Haftbefehl in das nationale Recht, "die Prävention und Strafverfolgung des Terrorismus angleichen und die Nutzung von rechtlichen Schlupflöchern für Terroristen verhindern wird. Die Umsetzung in das nationale Recht ist besonders in Mitgliedsstaaten ein entscheidendes Element in der Bekämpfung des Terrorismus, die mit dem Terrorismus verbundene Straftaten nach dem allgemeinen Strafrecht ohne besonderen Verweis auf die Intention von Terroristen bekämpfen, die Gesellschaft zu stören, wie dies in Übereinstimmung mit der vom Rat angenommenen Definition geschieht".

Das also ist die Information, die manche Mitgliedsstaaten der Öffentlichkeit nicht zugänglich machen wollen. So also steht es um die Offenheit in der EU, könnte man schlussfolgern. Das Problem ist, dass mehr und europäische Dokumente mit denselben Argumenten geheim gehalten werden: Jeder Vergleich von rechtlichen, organisatorischen und operationalen Maßnahmen im Bereich der Strafverfolgung wird als potenzielle Bedrohung der öffentlichen Ordnung betrachtet, da Kriminelle oder Terroristen die "Schlupflöcher" nutzen können. Was muss die EU von all den akademischen Instituten halten, die vergleichende europäische Studien veröffentlichen? Oder von den nationalen Instituten, die die Strafverfolgung untersuchen? Aus der Perspektive der EU muss dies auch eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit sein.

Es scheint, als sei die Internationale Vereinigung der Journalisten zur richtigen Schlussfolgerung gekommen: "Die neue Gesetzgebung funktioniert zur vollen Befriedigung von denjenigen, die nicht wollen, dass heikle Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen, und die noch immer nicht die Positionen der Mitgliedsstaaten darlegen wollen, bevor die Entscheidungen getroffen wurden."


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edited by Doser
published on: 2003-05-12
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