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Date: 2001-12-21

Lese-Tip: Hintergrund zu Video und Ueberwachung


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Für geneigte Leser, die der Manuale zu DigiCams und Körpertelefone,
die sie weihnachtlichen Glitzerpäckchen entnommen, beizeiten
überdrüssig werden, erlaubt sich die q/depesche einen Hinweis:

Die an sich cineastisch orientierte Web-Seite "Nach dem Film" hat in
ihrem Special No. 3 eine bemerkenswerte Kompilation anzubieten:

Unter dem Titel "Video und Überwachung" findet sich eine umfangreiche
Medien-Sammlung, die das Thema vor allem von seiner kulturellen Seite
beleuchtet:

Von "Die Rhetorik der Überwachung - Angst vor Beobachtung in den
zeitgenössischen Medien" bis "Living on Video - Mediale Kontrolle und
humanistischer Kontrollverlust" reicht eine breite Palette von
Beiträgen, die das Hintergrundmaterial zu den täglichen News liefern.

Besonders positiv: Alle Beiträge liegen nicht nur als Printversion
vor, sondern im PDF-Format. So investieret euer Euro-Startpaket in
Druckerpapier, statt es neo-konformistisch zur Baum-Dekoration zu
verwenden.

Anmerkung: Dieses Special begleitet die Ausstellung des ZKM Karlsruhe:
CTRL [SPACE]. Rhetorik der Überwachung von Bentham bis Big Brother,
13. Okt. 2001 - 24. Feb. 2002

Nach dem Film:
http://www.nachdemfilm.de/no3/no3start.html
Die Ausstellung:
http://ctrlspace.zkm.de/
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Das Editorial:

Welches sind die tieferen kulturellen Veränderungen, die sich aus der
Verbindung von Video und Überwachung ergeben? Grammatik der Überwachung
umfaßt drei grundlegende Texte, die das Feld der Anwendungen mit seinen
unterschiedlichen Bereichen beleuchten. Thomas Y. Levin skizziert den
Stand der technischen Möglichkeiten der Überwachung und seine Wechselwirkung
mit den Darstellungen und Kontrollphantasien, die in den Massenmedien
geprägt werden. Sein Fazit ist, daß der überwachende Blick seine
abschreckende Wirkung verloren hat und zu einer 'Technologie des Selbst'
umgedeutet wurde. Winfried Pauleit beschreibt die Videoüberwachung als
eine Bildmaschine im Futur II: als Photographesomenon. Die Logik dieser
Bildmaschine hat weitreichende Konsequenzen für die Konstitution
zeitgenössischer Subjekte, wie auch für die Felder der Ästhetik und
Wissenschaft. Thomas Weaver dekliniert die Struktur panoptischer
Überwachung am Fall James Bulger. Er zeigt die genealogische Linie auf
vom Panopticon zur heutigen videoüberwachten Shopping Mall und benennt
dabei die Konsequenzen als Scheitern des Sicherheitskonzepts und als
Theatralisierung des Verbrechens.

Dispositive der Überwachung fragt nach den Anordnungen medialer Kontrolle
in Fernsehen, Fotografie, bildender Kunst, Film und Internet. In Analogie
zu den zwei Körpern des Königs (Kantorowicz) beschreibt Ralf Adelmann
einen dritten Körper als 'body video' im Kontext Fernsehen. Als Beispiele
dienen ihm die Ausstrahlung von Videobändern dreier Politiker: Hans
Martin Schleyer, Bill Clinton und Joschka Fischer. Heather Cameron
beschreibt aktuelle Kamera- und Satellitentechniken als Weiterentwicklung
eines fotografischen Dispositivs. Sie kontrastiert ihre These mit den
Strategien der Fotokünstler Steve Mann, Sophie Calle und Christian
Boltanski. Christa Blümlinger skizziert modellhaft an einer Arbeit des
Filmemachers Harun Farocki das zentrale Dispositiv von Videoinstallationen
als Überwachungsanordnung. Marc Ries dagegen erläutert eine grundlegende
Kontrollfunktion des Kinos an einem Film von Francis Ford Coppola. Eine
Bannung des Überwachungswahns wird von ihm im sozialen Aspekt von Film
und Kino in Aussicht gestellt. Eva Reinegger stellt schließlich Überlegungen
zu den Dispositiven Webcam und Girl-Cam an.

Subjektgeschichten versammelt reale und fiktive Fallbeschreibungen, die die
Subjektkonstitution unter dem Kameraauge thematisieren. Christina von Braun
schlägt einen Bogen von der Audiovisualität des Mittelalters (Artuslegende)
bis in die Gegenwart (einem Fall aus der psychoanalytischen Praxis) und
zeigt, wie sich die aktuelle Definiton von Geschlecht mit dem einseitigen
Blick der technischen Sehgeräte verbindet. Eine mögliche Rückkehr zum Dialog
deutet sich schließlich mit Jane Campions Film The Piano an. Sabine Nessel
unterstreicht die Bedeutung des Videobandes in der Fallgeschichte Lortie
(nach Pierre Legendre). Die Ausstrahlung der Videoaufzeichnung im Gerichtssaal
initiiert eine Übertragungssituation, die derjenigen in der Psychoanalyse
vergleichbar ist. Michaela Ott untersucht den Gebrauch von Videobildern im Film.
Anhand von Cronenbergs Videodrom, Atom Egoyans Family Viewing und David Lynchs
Lost Highway lotet sie sowohl die Ausweitung der Kontrollfunktionen der
Videotechnologie als auch die Möglichkeiten zum subversiven Gebrauch aus.
Jörg Metelmann entwickelt schließlich aus einer Filmerzählung Michael Hanekes
einen kategorischen Video-Imperativ, der sich zu einem System jenseits
humanistischer Kontrolle verdichtet.

(Für die Redaktion Winfried Pauleit)

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relayed by: bademeister@quintessenz.at




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edited by Harkank
published on: 2001-12-21
comments to office@quintessenz.at
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