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Date: 2001-10-21

FR: Key Escrow is back


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Das zur Verabschiedung vorgesehene Anti-Terrorpaket, das u.a.
den Zwang zur Offenlegung von Kryptoschlüsseln vorsieht, wurde
überstürzt geschnürt

Der Senat hat in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag ein "Anti-
Terror-Paket" abgesegnet, das schon jetzt von vielen französischen
Bürgerinitiativen, Netzaktivisten und großen Zeitungen als
verfassungswidrig angesehen wird.

"Die Dringlichkeit der aktuellen Situation rechtfertigt die
Anwendung von außergewöhnlichen Prozeduren."

[..]

"Die Zeit drängt", hört man sowohl aus der linken wie der rechten
Reichshälfte. Vor allem wenn die Wahl des Staatspräsidenten und
des Nationalrats vor der Tür stehen. Und die 13 Zusatzanträge, die
quasi noch in letzter Minute in ein bereits vorhandenes
Gesetzesprojekt "hineingeschwindelt" wurden, haben es in sich.

"Die neuen Anti-Terror-Gesetze sind ein Angriff auf die individuellen
und kollektiven Freiheiten", so formulieren es zahlreiche NGO's wie
Reporter ohne Grenzen, die Menschenrechtsliga oder die
Campagne pour la libéralisation de la cryptographie in einem
offenen Brief an die Parlamentarier und Senatoren. Genützt hat
diese Mobilisierung bislang herzlich wenig. Wer will sich schon mit
so komplexen Themen wie Bürgerrechten und Grundfreiheiten
auseinandersetzen, während die "zivilisierte Welt" vom Terror
bedroht ist.

Das modifizierte Gesetzesprojekt für die tägliche Sicherheit wird
die französischen Sicherheitskräfte und die Justiz noch vor
Jahresende mit zahlreichen neuen Befugnissen ausstatten. So
sollen Hausdurchsuchungen ohne Einverständnis des Betroffenen
schon im Zuge von Vorerhebungen, sprich ohne dass noch eine
strafrechtlich verfolgbare Aktivität beweisbar vorliegen würde,
ermöglicht werden. Bislang konnte eine Durchsuchung nur
veranlasst werden, wenn bereits eine offizielle Ermittlung eröffnet
wurde. Auch die Durchsuchung von Fahrzeugen wurde wesentlich
erleichtert.

Innenminister Daniel Vaillant empfand die Mühlen der
französischen Justiz als "zu langsam und zu zögerlich", wenn es
um die richterliche Genehmigung einer Hausdurchsuchung geht.
Selbst private Sicherheitsdienste in "sensiblen Zonen" wie Stadien
und Einkaufszentren werden mit zusätzlichen Befugnissen
versehen, die in "normalen" Zeiten wohl zu einem allgemeinen
Aufschrei der ohnehin leicht erregbaren französischen Bürger
geführt hätten: Leibesvisitationen und Handtaschen-
Durchsuchungen sollen in geraumer Zeit auch Privatsheriffs
genehmigt sein.

Die Verstärkung der polizeilichen Kontrollen an Flughäfen,
Bahnhöfen und anderen "gefährdeten" öffentlichen Orten, wie sie
bereits seit dem 12.September durch die erhöhte Sicherheitsstufe
"Vigipirate" Tatsache geworden sind, ist selbstverständlich auch
Teil der Zusatzanträge. Seit der Aktivierung von "Vigipirate" sollen
die französischen Gefängnisse ohnehin schon einen 30% Zuwachs
des Ausländeranteils registriert haben. Mit der "Anti-Terror-
Hysterie" riskiere man den Graben zwischen den "echten"
Franzosen und jenen maghrebinischer Abstammung noch ein
wenig mehr zu vergrößern, befürchtet der Präsident der Liga für die
Menschenrechte, Michel Tubiana, in seinem Artikel für die
Tageszeitung Le Monde, die das neue Gesetzespaket übrigens
auch als verfassungswidrig ansieht.

Neben der Verstärkung des Kampfes gegen den illegalen Drogen-
und Waffenhandel sieht das neue Sicherheitsgesetz auch
Maßnahmen vor, die vorderhand wenig mit der Angst vor Bin Ladin
und Co. zu tun haben, aber den Alltag in Frankreich reichlich
unangenehm gestalten könnten: Wer zum zehnten Mal beim
Schwarzfahren ertappt wurde, dem drohen 6 Monate Gefängnis und
eine Geldstrafe von 7.500 Francs (1.145 Euro). Auch auf die
Freeparty-Anhänger hat Innenminister Vaillant nicht vergessen:
Rave-Veranstalter sind verpflichtet, um eine vorherige Genehmigung
beim Präfekten anzusuchen. Ansonsten winken 3.750 Euro
Geldstrafe und die Beschlagnahme der Tonanlage. Der Augenblick
ist günstig, denn die sommerlichen Proteste der Technokids sind
mittlerweile in der Hitze des Anti-Terror-Gefechts schon längst
vergessen.

Der für das LSQ zuständige Beauftragte Jean-Pierre Schosteck hat
es offenbar auf weit jüngere Staatsbürger abgesehen: sein
Zusatzantrag sieht vor, dass bereits 10-Jährige strafrechtlich
belangt werden können. Freilich ohne Gefängnisstrafe. "Der
Rechtsstaat ist kein Schwächezustand!", rechtfertigt der
sozialistische Abgeordnete Robert Badinter, das
Maßnahmenpaket, dass französische Bürgerrechtler auf die Palme
treibt. Es darf daran erinnert werden, dass Badinter jener Mann
war, der 1981 in seiner damaligen Eigenschaft als Justizminister in
Frankreich die Todesstrafe abgeschafft hatte.

Besonderes Augenmerk widmet die französische Regierung den
neuen Kommunikationstechnologien, denn schließlich sei ja
allgemein bekannt, dass sie "das Herz des
Informationsaustausches der terroristischen Netzwerke" seien, wie
Vaillant immer wieder gerne in Erinnerung ruft.

So wurde die Aufbewahrungsdauer für Telekommunikations-
Verkehrsdaten (Internet, Handy, Telefon) auf ein Jahr fixiert, obwohl
die französische Informatikkommission Cnil dies als "exzessiv"
ansieht und von der Regierung erfolglos 3 Monate als maximale
Aufbewahrungsdauer verlangt hatte. Welche Verkehrsdaten genau
und in welchem Ausmaß von der neuen Regelung betroffen sein
sollen, das soll im Nachhinein von einem Dekret definiert werden.
Eine etwas schwammige Vorgehensweise, die von der Bewegung
für ein solidarisches Internet IRIS besonders heftig kritisiert wird.

Auch die Kryptotechnologien scheinen Jospin und seinen Mannen
ein besonderer Dorn im Auge zu sein: Jetzt ist es quasi
beschlossene Sache, dass Besitzer von Entschlüsselungscodes
verpflichtet sind, diese der Justiz zur Verfügung zu stellen. Laut
dem Transfert.net, ebenfalls Unterzeichner des offenen Briefes an
die Politiker, sei es jetzt möglich, schon wegen des Erhalts eines
verschlüsselten Mails, selbst wenn es sich nur um einen
böswilligen Scherz handeln sollte, in den Verdachtskreis der
Ermittlungsbehörden zu geraten. Und erst recht, wenn der
Betroffene nicht in der Lage ist, den Sicherheitskräften den
Schlüssel zur Verfügung zu stellen. Weil er ihn beispielsweise
ganz einfach nicht besitzt ...

[...]
Politiker aus dem rechten und linken Lager versuchen unisono zu
beruhigen. Die eiligen Zusatzanträge zum Gesetz für die tägliche
Sicherheit seien ohnehin nur als "vorübergehend" vorgesehen und
sollen dann nochmals geprüft werden. Unter vorübergehend wird
allerdings eine Gültigkeitsdauer bis zum 31.Dezember 2003
verstanden.

[..]

Volltext mit Links
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/9880/1.html
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edited by Harkank
published on: 2001-10-21
comments to office@quintessenz.at
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